Vollmond über dem Weinland. Und eine Stille, die man gleichsam körperlich zu spüren vermeint. Die letzten Junikäferln schweben durch die laue Nacht; milde leuchtend gleiten sie schwerelos auf und nieder, ohne erkennbares Ziel. Ein Augenblick, in dem man sich mit dem Herzschlag des ganzen Universums im Einklang fühlt, in welchem ein vollendetes Glücksgefühl nachdenklich macht, aufgeschlossen für naheliegende Erkenntnisse.
   
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      Was ist dies doch für eine herrliche Welt, dieses steirische Weinland. Ein gottbegnadetes Fleckerl Erde, in welchem einen die Lebensfreude, die pure Lust am Dasein alle sonstige Trübsal vergessen läßt. Und wo ansonst unbedeutende Vorkommnisse bereits Anlaß geben zu fröhlichem Feiern. Mit Musik und Wein, der naturgegeben hiezulande eine ganz besondere Rolle spielt, versteht sich. Und selbst die Menschen sind anders als sonstwo. Aufgeschlossen sind sie jederzeit bereit, den Alltag schöpferisch zu gestalten, ihn harmonisch und mühelos aus einem Blickwinkel zu betrachten, der Originalität mit purer Lebenlust verbindet. Ein kleines Beispiel gefällig? Nun denn - wem sonst könnte es gelingen, aus der abgedroschenen Phrase von „Wein, Weib und Gesang" ein bezauberndes Volkslied auf das eigene „Ich" zu machen? Wie heißt es da?
         
                 
            Und der Adam hat d'Liab aufbracht/ Und der Noah in Wein Und der David des Zitternschlagn /Müssen Steirer g'wen sein!
 
                 
          Und während man so sitzt, in sich hineinhorcht und herumgscheiterlt, beginnt am Berg droben ein Rumoren. Beim Buschenschank mit der „Loambudel", der Naturkegelbahn. Der Mond, der volle, hat's in sich und macht die Leut kregel und fidel, statt daß er sie schlafen läßt. Und so sind schon einige zusammengekommen, sitzen unter dem weit vorgezogenen Dach und haben den ersten Liter eingeschenkt. „Ah", meint einer, „den schiab'n ma glei aus! Der Verlierer zahlt - her mit die Kugeln, drei Schub pro Mann." Und schon geht's los.
          Fröhlich polternd ziehen nun die Kugeln, mehr eirund als sonst was, ihre unwägbare Bahn. Aber gerade diese Ungewißheit, gepaart mit derTreffsicherheit des Schützen, machen einen Großteil des Vergnügens und der Spannung aus. Und manch ein auszuspielender Liter beim Mannschaftswettbewerb fließt im allerletzten Augenblick noch hinüber zur gegnerischen Partei. Dann nämlich, wenn die letzte Kugel - fast schon im Ziel -, durch einen Astknorren abgelenkt, hoch über alle Neune hinwegschoß, um spurlos im mondscheinhellen Nichts zu verschwinden.
VOLLMOND ÜBERM WEINBERG
   
         
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